Entzündung von Harnröhre, Blase und Nieren
Autoren: Dr. med. Michaela Hilburger, Fachärztin für Urologie & Dr. med. Sonia Trowe
Entzündungen können an verschiedenen Stellen im Harntrakt auftreten, so zum Beispiel in der Harnröhre, der Blase oder den Nieren. Ärzte sprechen allgemein von Harnwegsinfekten und teilen diese noch weiter in obere und untere Harnwegsinfekte ein. Ausschlaggebend ist hier, an welcher Stelle die Entzündung steckt. So zählen Entzündungen in Blase oder Harnröhre zur Gruppe der unteren, solche der Harnleiter und Niere zur Gruppe der oberen Harnwegsinfekte.
Die medizinischen Fachbegriffe der einzelnen Krankheiten sind kompliziert: Mediziner sprechen von Urethritis, Zystitis und Pyelonephritis. Die Endung „-itis“ stammt aus dem Griechischen und beschreibt ganz allgemein entzündliche Prozesse.
Im Detail stehen die Namen also für folgende Krankheiten:
- Zystitis für die klassische Blasenentzündung, bei der in der Regel Bakterien, seltener auch Viren, Parasiten oder Pilze eine akute Infektion (Entzündung) der Harnblase verursachen.
- Pyelonephritis für eine Entzündung von Nierenbecken und Niereninneren
- Urethritis für eine Entzündung der Harnröhre
Im folgenden Beitrag finden Sie weitere Informationen zu Ursachen, Symptomen und Behandlung der einzelnen Entzündungen.
Urinproduktion und Ausscheidung
Um die drei Krankheitsbilder besser verstehen zu können, hilft ein kurzer Blick in den Aufbau von Nieren und Blase:
Fangen wir mit den Nieren an: Die meisten Menschen haben zwei davon. Sie liegen im Körper rechts und links seitlich am Rücken. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht darin, unser Blut zu reinigen und Urin zu produzieren. Während dieses Prozesses filtern sie Flüssigkeit, Salze und andere Inhaltsstoffe aus dem Körper. Auch giftige Substanzen werden über die Nieren ausgeschieden.
Der von den Nieren gefilterte Urin sammelt sich zunächst auf beiden Seiten in den sogenannten Nierenbecken, einer Art Kelchsystem. Von dort fließt er durch die Harnleiter in die Blase, die als Auffangbecken dient. Mit dem Wasserlassen scheiden wir schließlich circa 1-2 Liter Urin pro Tag aus.
Wenn sich Harnwege entzünden
Da unser Körper über die Harnröhre mit der Außenwelt verbunden ist, können Bakterien unter bestimmten Umständen in den Harntrakt eindringen und an verschiedenen Stellen wie Blase oder Nierenbecken Entzündungen auslösen. Aus einer anfänglichen Blasenentzündung kann sich in einem zweiten Schritt eine Nierenbeckeninfektion entwickeln, wenn Bakterien aus der Blase durch die Harnleiter Richtung Nieren hochwandern.
Im Gegensatz zu Entzündungen von Harnblase (Zystitis) und Nierenbecken (Pyelonephritis) wird eine Entzündung der Harnröhre (Urethritis) hingegen in der Regel sexuell übertragen und durch andere, spezielle Bakterien ausgelöst. In einigen Fällen kann aber auch hier wie bei einer Blasenentzündung eine Schmierinfektion mit Erregern aus dem Darmbereich vorliegen.
Die klassische Blasenentzündung
Blasenentzündungen sind häufig. Frauen sind besonders oft betroffen, generell können aber auch Männer und Kinder an einer Blasenentzündung erkranken.
Zu den typischen Symptomen zählen dabei:
- Schmerzen beim Wasserlassen
- häufiger Harndrang
- häufiges Wasserlassen
- Krämpfe im Unterleib
- Schmerzen beim Druck auf die Blase oberhalb des Schambeins
Mehr zu den Symptomen der Blasenentzündung lesen Sie hier: Symptome einer Blasenentzündung
Ursache einer Blasenentzündung sind wie gesagt häufig Bakterien. Die Keime können aus der Region um den Analbereich in den Harntrakt gelangen. Besonders Frauen sind hiervon häufig betroffen, da ihre Harnröhre mit 3 bis 4 cm relativ kurz ist und nah am Analbereich liegt. Auch bei sexueller Aktivität kann es im Rahmen von sogenannten Schmierinfektionen vermehrt zum Übertreten der Keime kommen.
Vier von fünf Blasenentzündungen (80 %) werden dabei von dem Bakterium Escherichia coli (E. coli) verursacht, einem ganz typischen Erreger aus dem Darmbereich. Zwar können auch andere Bakterien oder Pilze hinter einer Blasenentzündungen (Zystitis) stecken, dies kommt insgesamt jedoch seltener vor.
Risikofaktoren für Blasenentzündungen
Nicht nur Sex, sondern auch einige andere Faktoren erhöhen das Risiko für Blasenentzündungen. Hierzu zählen beispielsweise Engstellen oder Verwachsungen in den Harnwegen, Nierensteine, Geschwüre, eine vergrößerte Prostata, Untersuchungen der Harnblase oder ein Blasenkatheter. All das erleichtert es Bakterien, in den Harntrakt einzudringen.
Bei Kindern können Harnwegsinfekte gehäuft auftreten, wenn der Schließmechanismus zwischen Harnleitern und Blase defekt ist und der Urin in das Nierenbecken zurückfließt (vesiko-uretero-renaler Reflux).
Und auch bei Schwangerschaften, Abwehrschwäche, Störungen im Stoffwechsel wie einer Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Missbrauch von Schmerzmedikamenten oder Durchnässen, kalten Füßen und Unterkühlung können Blasenentzündungen und Co leichter auftreten.
Mehr dazu lesen Sie hier:
Blasenentzündung in der Schwangerschaft
Nierenbeckenentzündung
Bei einer Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) ist das Nierenbecken auf einer oder beiden Körperseiten entzündet. Dabei kann die Infektion bis ins Innere der Nieren reichen. Würde man die Nieren mit dem Mikroskop untersuchen, könnte man tatsächlich kleine Eiterstraßen und -ansammlungen im Inneren der Organe sehen.
Wie bei Blasenentzündungen werden 80% der Nierenbeckeninfektionen durch Escherichia coli (E. coli) verursacht. Oft hat alles mit einer Blasenentzündung begonnen, die über die Harnleiter ins Nierenbecken aufgestiegen ist.
Schwere Erkrankung, Antibiose unumgänglich
Menschen mit einer akuten Pyelonephritis sind in der Regel schwer krank. Zu den typischen Symptomen gehören hohes Fieber, Schüttelfrost, Glieder- und Flankenschmerzen.
Während Mediziner eine unkomplizierte Blasenentzündung bei sonst gesunden jungen Menschen nicht immer zwingend mit Antibiotika behandeln (hier helfen unter anderem auch Schmerzmedikamente und pflanzliche Arzneimittel), sind Antibiotika bei einer akuten Nierenbeckenentzündung unumgänglich.
Entzündung der Harnröhre
Eine Entzündung der Harnröhre (Urethritis) unterscheidet sich grundlegend von einer Blasen- (Zystitis) oder Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis). Hier ist häufig nur die Harnröhre betroffen, höhergelegene Organe wie Blase, Harnleiter und Nieren sind meist gesund.
Sexuell übertragbare Krankheit
Eine Harnröhrenentzündung (Urethritis) wird, anders als die klassischen Entzündungen von Blase oder Nierenbecken, typischerweise nicht durch Escherichia coli verursacht. Auslöser einer Urethritis sind meist sexuell übertragbare Bakterien und Krankheiten, die von Mensch zu Mensch weitergegeben werden.
Oft stecken sogenannte Chlamydien hinter der Infektion. Andere typische sexuell übertragbare Erreger sind Gonokokken. Sie führen zu einer Gonorrhoe, kurz Tripper genannt, bei der eitriger Ausfluss aus der Harnröhre austreten kann. Daneben können in einigen Fällen auch hier Schmierinfektionen durch Keime aus dem Analbereich für die Entzündung verantwortlich sein.
Eine Harnröhrenentzündung geht typischerweise mit Brennen beim Wasserlassen einher. Steckt eine Chlamydieninfektion hinter der Entzündung, können jedoch sowohl Männer als auch Frauen völlig beschwerdefrei sein und nichts von ihrer Infektion merken.
Komplikationen einer Urethritis
Infektionen der Urethra können unter Umständen auf andere Organe übergreifen. Bei Männern kann es Prostata (Vorsteherdrüse) und Samenblase treffen, bei Frauen Organe im Becken wie Gebärmutter (Uterus), Eileiter und Eierstöcke (Ovarien).
Problematisch bei einer Infektion der Harnröhre ist zudem, dass viele von der Entzündung nichts merken und sie unbewusst beim Geschlechtsverkehr weiterreichen. Es ist daher wichtig, neben den Betroffenen selbst immer auch die Partner mitzubehandeln.
Wenn es brennt und juckt
Die drei komplizierten Begriffe Urethritis, Zystitis und Pyelonephritis beschreiben also Entzündungen an unterschiedlichen Stellen im harnleitenden System. Während Fieber und Flankenschmerzen Warnzeichen für eine Entzündung der Nieren sind, sprechen Brennen, häufiger Harndrang sowie Krämpfe im Unterleib für eine klassische Blasenentzündung.
Abhängig von Beschwerden und anderen Begleitkrankheiten kann eine solche Entzündung auf verschiedenen Wegen behandelt werden. Manchmal sind Antibiotika notwendig, für die häufigen leichteren Fälle steht zudem eine Vielzahl an wirksamen Hausmitteln und pflanzlichen Arzneistoffen zur Verfügung.
Mehr zur Behandlung der Blasenentzündung erfahren Sie hier: Behandlung der Blasenentzündung.
Quellen
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen. S3-Leitlinie und Anwenderversion der S3-Leitlinie Harnwegsinfektionen. AWMF-Registernr.: 053-001. July 2018. (DEGAM guideline no. 1).
- Manski, D. Urologielehrbuch (2020).
- Schmelz HU, Sparwasser C, Weidner W. Facharztwissen Urologie (2006). Herausgeber: Springer Berlin, Heidelberg . DOI: https://doi.org/10.1007/3-540-32986-2.