Gibt es ein Wundermittel gegen Blasenentzündung?
Autoren: Dr. med. Michaela Hilburger, Fachärztin für Urologie & Dr. med. Sonia Trowe
Homöopathische Mittel sind bei einer akuten Blasenentzündung viel gefragt. Vor allem Frauen, die immer wieder von brennenden Schmerzen beim Wasserlassen, ständigem Harndrang und Krämpfen im Unterbauch geplagt sind, suchen oft verzweifelt nach Möglichkeiten, die Beschwerden zu lindern und der nächsten Blasenentzündung vorzubeugen – und das möglichst schonend. Doch sind Globuli dabei der richtige Weg?
Nein, leider gibt es weder in der Schulmedizin noch in der Naturheilkunde so etwas wie ein Allheilmittel, das garantiert jeden Harnwegsinfekt und die krankheitsauslösenden Bakterien zu 100 Prozent beseitigt. Wenn Sie also zum Beispiel im Internet bei der Suche nach einem Präparat oder Hausmittel zur Behandlung einer Blasenentzündung (Zystitis) auf ein solches unseriöses Heilversprechen stoßen, sollten Sie vorsichtig sein.
Antibiotikum: doch kein Wundermittel?
Tatsache ist, dass selbst die Behandlung mit einem hochwirksamen Antibiotikum nicht immer zur Heilung eines Harnwegsinfekts führt. Beispielsweise können Resistenzen der Bakterien die Wirkung des Medikaments einschränken oder die Krankheitserreger verstecken sich im Blasengewebe und bleiben dort von der Wirkung des Antibiotikums so weitgehend unbeeinflusst.1 Die mögliche Folge: Symptome wie Schmerzen beim Wasserlassen und häufiger Harndrang werden nicht ausreichend gelindert oder treten erneut auf.
Was ist mit pflanzlichen und was mit homöopathischen Arzneimitteln?
Der Nutzen von Heilkräutern bei bakteriell verursachten Harnwegsinfekten ist wissenschaftlich belegt und beruht auf den Inhaltsstoffen der Pflanzen. So wurde in einer großen klinischen Studie mit 600 Frauen, die an den Symptomen einer Zystitis litten, nachgewiesen, dass die Behandlung mit einer Kombination aus den drei Heilpflanzen Rosmarin, Tausendgüldenkraut und Liebstöckel (als Canephron® frei verkäuflich in der Apotheke erhältlich) eine Entzündung der Blase sehr effektiv bekämpfen kann: Bei ca. 84 % der Studienteilnehmerinnen machte die pflanzliche Behandlung die zusätzliche Einnahme eines Antibiotikums zur Linderung der Symptome und Zerstörung der Bakterien überflüssig.2
Bei der Behandlung mit Heilpflanzen gilt übrigens das Dosis-Wirkungsprinzip. Dies bedeutet, dass, ähnlich wie in der Schulmedizin, eine ausreichend hohe Menge an Wirkstoffen vorhanden sein muss, um einen positiven Effekt auf die Gesundheit zu entfalten.
Mehr dazu hier: Drei Heilpflanzen, die bei der Blasenentzündung nachweislich wirken.
Von der Pflanzenheilkunde zu unterscheiden ist die Homöopathie. Auch wenn beide gerne miteinander verwechselt werden, ist der homöopathische Ansatz ein gänzlich anderer: Statt wie in der Pflanzenheilkunde beispielsweise die entzündungshemmende oder schmerzstillende Wirkung von Heilkräutern zu nutzen, gilt hier der Grundsatz, dass Gleiches mit Gleichem bekämpft wird. Zudem geht man in der homöopathischen Heilkunde davon aus, dass bereits geringste Konzentrationen der eingesetzten Substanzen ausreichen. Das bedeutet, dass zum Beispiel zur Linderung des Brennens in der Harnblase Globuli verabreicht werden, deren Bestandteile je nach Dosierung selbst brennende Schmerzen in den Harnwegen hervorrufen könnten.
Aber zurück zum Thema Wundermittel: Auch wenn viele Menschen sanfte Heilmethoden schätzen und vom Konzept der Homöopathie angetan sind, ist der Begriff „Wundermittel“ auch in diesem Kontext nicht angebracht.
Fazit
Die Natur und die Hausapotheke bieten viele wertvolle und sanfte Möglichkeiten zur Behandlung einer Entzündung der Harnwege. Je nach Schweregrad der Zystitis kommen zudem klassische Medikamente wie Antibiotika und Schmerzmittel zur Linderung der Symptome zum Einsatz. All diesen Arzneien oder auch Hausmitteln wie Wärme oder reichliches Trinken kann man ihren gesundheitlichen Nutzen bei der Behandlung von Harnwegsinfekten keinesfalls absprechen, nur weil es keine Garantieversprechen gibt. Denn sie alle unterstützen die Abheilung der Entzündung und sind ebenso wie pflanzliche Arzneimittel aus dem Therapiealltag nicht mehr wegzudenken. Doch sogenannte Wundermittel passen weder aus naturheilkundlicher noch aus schulmedizinischer Sicht in ein derart modernes Behandlungskonzept und werden schon gar nicht von seriöser Seite als solche angepriesen.
Mehr zum Thema pflanzliche Arzneimittel bei Blasenentzündung erfahren Sie hier.
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Quelle
1. Bishop, B., Duncan, M., Song, J. et al. Cyclic AMP–regulated exocytosis of Escherichia coli from infected bladder epithelial cells. Nat Med 13, 625–630 (2007). doi.org/10.1038/nm1572
2. Wagenlehner, F.M. et al. Non-Antibiotic Herbal Therapy (BNO 1045) versus Antibiotic Therapy (Fosfomycin Trometamol) for the Treatment of Acute Lower Uncomplicated Urinary Tract Infections in Women: A Double-Blind, Parallel-Group, Randomized, Multicentre, Non-Inferiority Phase III Trial. Urol Int 31 October 2018; 101 (3): 327–336. doi.org/10.1159/000493368