Blasenentzündung – was tun?
Autoren: Dr. med. Michaela Hilburger, Fachärztin für Urologie & Dr. med. Sonia Trowe
Die möglichen Auslöser bzw. Ursachen einer Blasenentzündung (Zystitis) sind vielfältig und nicht immer genau auszumachen. Doch wie verhält man sich eigentlich richtig, wenn es einen erwischt hat? Kann man sich bei leichteren Beschwerden nicht einfach selbst behandeln? Sind Omas Hausmittel, Tipps und pflanzliche Mittel nicht besser als die chemische Keule mit Antibiotika? Und bei welchen Symptomen sollte man lieber einen Arzt aufsuchen?
Blasenentzündung: die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten
Wie wird eine Blasenentzündung behandelt? Hier gibt es mehrere Optionen. Welche davon im Einzelfall in Frage kommt, hängt nicht nur von der persönlichen Präferenz ab, sondern auch vom genauen Krankheitsbild.
Zur Behandlung einer akuten Blasenentzündung stehen betroffenen Frauen grundsätzlich folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
- pflanzliche Arzneimittel
- Schmerzmittel
- Spasmolytika (krampflösende Wirkstoffe)
- Antibiotika (verschreibungspflichtig)
- diverse altbewährte Hausmittel
Kann eine Blasenentzündung auch ohne Antibiotika heilen?
Durch die Einnahme eines geeigneten Antibiotikums ist es möglich, schnell und effektiv die verantwortlichen Bakterien abzutöten. Diese Behandlung führt folglich zu einem raschen Abklingen der Infektion und der damit einhergehenden Symptome. Allerdings kann eine Antibiotika-Therapie auch diverse Nebenwirkungen hervorrufen und bei häufiger Einnahme zu den allseits unerwünschten Resistenzen bei Bakterien führen. Nicht jede Blasenentzündung muss daher auch zwingend mit einem Antibiotikum behandelt werden, die Entscheidung hängt dabei von mehreren Faktoren ab.
Mehr zu Anwendung und Nebenwirkungen der Antibiotika-Therapie erfahren Sie hier:
Blasenentzündung: Pro und Contra von Antibiotika
Kann eine Blasenentzündung auch von alleine ausheilen?
Prinzipiell schafft es die körpereigene Immunabwehr auch ohne Hilfe von außen, viele Infekte abzuwehren, sodass die Beschwerden auch von allein nach einigen Tagen wieder abklingen. Allerdings ist Vorsicht geboten, wenn sich die Entzündung weiter ausbreitet oder die Beschwerden über einen langen Zeitraum bestehen bleiben. Es empfiehlt sich daher immer, den Heilungsprozess beispielsweise mit pflanzlichen Arzneimitteln schonend, aber wirksam zu unterstützen, damit die Bakterien möglichst schnell bekämpft werden.
Hilfreich sind außerdem allgemeine Tipps wie eine ausreichende Trinkmenge, um die Bakterien auszuspülen und an der weiteren Ausbreitung zu hindern. Wärme und Ruhe tun ebenfalls gut und unterstützen das körpereigene Abwehrsystem bei seiner Arbeit.
Blasenentzündung: Was tun, wenn die Beschwerden nicht weggehen?
Die kurze Antwort lautet: ab zum Arzt. In den meisten Fällen heilt eine akute, unkomplizierte Blasenentzündung innerhalb einiger Tage von allein aus und die Beschwerden bessern sich mit der Zeit. Ist dies nicht der Fall, oder werden die Symptome sogar schlechter, sollten Sie das als Warnhinweis verstehen und sich zeitnah von einem Arzt untersuchen lassen.
Eine Blasenentzündung entsteht durch Bakterien, die über die Harnröhre in die Blase aufsteigen und dort die typische Entzündungsreaktion verursachen. Leider ist es möglich, dass die Bakterien auch weiter aufsteigen, bis in die Nieren. Die Nierenentzündung ist eine der häufigsten Komplikationen bei akuten, unbehandelten Blasenentzündungen, die schwere Folgen haben kann. Dem kann nur durch eine rechtzeitige medikamentöse Therapie entgegengesteuert werden. Deshalb sollten Sie bei anhaltenden oder zunehmenden Beschwerden lieber sofort den Arzt aufsuchen.
Blasenentzündung - wann zum Arzt?
In der Regel handelt es sich bei den allermeisten Harnwegsinfektionen um akute, unkomplizierte Blasenentzündungen, die u.a. mit folgenden typischen Symptomen einhergehen:
- ständiger Harndrang
- Brennen beim Wasserlassen
- häufiges Wasserlassen (auch nachts)
- Krämpfe und Schmerzen im Unterbauch
Mehr dazu erfahren Sie hier: Symptome einer Blasenentzündung.
Was passiert, wenn man mit einer Blasenentzündung nicht zum Arzt geht?
Auch wenn die Mehrzahl an Harnwegsentzündungen ohne Komplikationen innerhalb weniger Tage von alleine ausheilt, so gibt es dennoch auch andere, nicht ganz ungefährliche Krankheitsverläufe. Steigt die Entzündung nämlich weiter in die Nierenbecken auf, ist es zu einer ernstzunehmenden Infektion der oberen Harnwege gekommen, die dann dringend ärztlich behandelt werden sollte.
Erfahrungsgemäß treten diese Verläufe jedoch nicht von einem Moment auf den anderen auf, sondern kündigen sich zuvor durch bestimmte „Warnsignale“ an:
- Sollte es im Verlauf der ersten drei bis fünf Tage der Blasenentzündung zu keiner Besserung, sondern vielleicht sogar zu einer Verschlechterung der bestehenden Symptome kommen, muss z.B. eine aufsteigende Infektion, eine Schädigung der Blase oder eine andere Erkrankung ausgeschlossen werden. Suchen Sie zeitnah einen Arzt auf.
- Seitliche, zum Rücken ziehende Flankenschmerzen können ein Hinweis auf eine beginnende Nierenbeteiligung sein. Die Nierenbeckenentzündung, auch Pyelonephritis genannt, ist eine Komplikation, die antibiotisch behandelt werden muss. Suchen Sie dringend einen Arzt auf.
- Ein stark ausgeprägtes Krankheitsgefühl, begleitet von Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit oder gar Erbrechen kann ebenfalls hinweisend auf eine Entzündung der oberen Harnwege mit Nierenbeteiligung sein. Suchen Sie dringend einen Arzt auf.
Besondere Risikogruppen – immer ab zum Arzt!
Unabhängig davon, wie oft man in der Vergangenheit vielleicht schon mal eine Blasenentzündung hatte, die komplikationslos verlief, gibt es bestimmte Personengruppen, die bei jeder neu auftretenden Zystitis generell als Risikopatienten eingestuft werden.
Vorsicht bei Kindern, Schwangeren und Diabetikern
Hintergrund dafür ist, dass bei diesen Menschen erwiesenermaßen eine höhere Gefahr für Folgeschäden bei akuter Blasenentzündung besteht. Deshalb ist es wichtig, dass bei diesen Betroffenen die Symptome durch einen Arzt abgeklärt werden. Meistens wird bei ihnen auch eine zielgerichtete Antibiotika-Therapie eingesetzt. Risikogruppen sind vor allem Kinder, Schwangere, Diabetiker und Männer.
Mehr dazu lesen Sie hier:
Weitere Risiko-Kandidaten
Aber auch Patienten mit anderen Stoffwechselerkrankungen, einer Schwächung des Immunsystems oder Harnabflussstörungen (aufgrund von Fehlbildungen des Harntrakts, Harnsteinen oder einer vergrößerten Prostata) sollten bei einer akuten Blasenentzündung immer einen Arzt aufsuchen.
Kann der Hausarzt eine Blasenentzündung feststellen? Ja, die erste ärztliche Anlaufstelle kann sowohl der Hausarzt, der Kinderarzt, der Gynäkologe als auch der Facharzt für Urologie sein.
Hier bitte keine Selbstmedikation!
Merke: Bei wiederholten Blasenentzündungen, ungewöhnlichen Krankheitsverläufen, wie z.B. Blut im Urin, einem ausgeprägten Krankheitsgefühl, starken Beschwerden mit Fieber sowie bei bestimmten Grunderkrankungen mit Medikamenteneinnahme (z.B. Immunsuppression) sollte immer ein Arzt zu Rate gezogen werden! Nur dieser kann sicher beurteilen, ob es sich bei der vorliegenden Blasenentzündung eventuell um einen komplizierten Harnwegsinfekt handelt, der dann dringend mit einem Antibiotikum behandelt werden muss.
Mehr zu den möglichen Medikamenten bei Blasenentzündungen erfahren Sie hier:
Medikamente bei Blasenentzündung – ein Überblick
Verhaltenstipps bei Blasenentzündung
Selbstverständlich ist es wichtig, eine Blasenentzündung nicht nur mit Medikamenten zu behandeln. Um den Heilungsprozess sinnvoll zu unterstützen, sollten Betroffene parallel dazu bestimmte Tipps rund um ihre akut entzündete Blase beherzigen, wie z.B. folgende:
- Trinken Sie mindestens zwei Liter täglich – hierbei können bestimmte warme Getränke wie Nieren- und Blasentees, aber auch stilles Wasser beim Ausspülen der Erreger helfen. Auf Alkohol und Kaffee sollten Sie dagegen erstmal verzichten.
- Stärken Sie Ihr Immunsystem durch die richtige Ernährung: Obst, Gemüse und andere Nahrungsmittel wie Nüsse und Kräuter enthalten entzündungshemmende Stoffe, die unterstützend bei einer Blasenentzündung wirken. Auf Schweinefleisch, Fertigprodukte oder viel Zucker sollten Sie dagegen eher verzichten – hier sind häufig entzündungsfördernde Substanzen enthalten. Mehr dazu erfahren Sie hier: Ernährung bei Blasenentzündung
- Bei einer akuten Harnwegsinfektion sollten Sie darauf achten, Ihre Blase regelmäßig und vollständig zu entleeren. Auch wenn das Brennen beim Wasserlassen durchaus schmerzhaft und unangenehm sein kann – die Keime müssen schnellstmöglich über den Urin raus!
- Halten Sie den Bereich um Ihre Blase und Nieren ausreichend warm – greifen Sie zuhause doch einfach mal zur Wärmflasche oder zum Kirschkernkissen und machen Sie es sich mit einer Decke auf dem Sofa gemütlich.
Erfahren Sie zudem mehr rund um das Thema Vorbeugung von Blasenentzündungen.
Alles zur chronischen Blasenentzündung in Form der interstitiellen Zystitis lesen Sie hier.
Was sollte man bei einer Blasenentzündung nicht tun?
Große körperliche Anstrengungen und Stress können das Abwehrsystem schwächen und so den Heilungsprozess verzögern. Während einer Blasenentzündung sollten Sie daher unbedingt darauf verzichten und Ihrem Körper stattdessen etwas Ruhe gönnen.
Auch bei der Ernährung gibt es ein paar Punkte zu beachten. Während Tees und viel Flüssigkeit bei der Bekämpfung der Bakterien helfen, sollten Sie auf Schweinefleisch, Fertigprodukte oder viel Zucker dagegen eher verzichten – hier sind häufig entzündungsfördernde Substanzen enthalten.
Mehr dazu erfahren Sie hier: Ernährung bei Blasenentzündung
Alternativmedizin bei Blasenentzündung
Eigenblutbehandlung, Akupressur, Homöopathie, orthomolekulare Therapie, Traditionelle chinesische Medizin (TCM) und Schüssler-Salze – die Latte an alternativmedizinischen Angeboten bei akuter Blasenentzündung (Zystitis) ist lang. Das zeigt nicht zuletzt, wie groß das Bedürfnis nach „sanften“ Methoden zur Linderung dieses häufigen Frauenleidens ist. Doch halten die angepriesenen Mittel auch, was sie versprechen?
Mit einer Kombination alternativer Therapien ließen sich ständig wiederkehrende Blasenentzündungen nicht nur ausheilen, sondern auch Komplikationen und schwerwiegende Folgeerkrankungen vermeiden. Mit derartigen Versprechungen werben zahlreiche Anbieter im Netz für ihre Angebote. Aber Fakt ist: Bei einer (zumeist bakteriellen) Infektionserkrankung wie der akuten Blasenentzündung sind solche Verheißungen nicht nur fragwürdig, sondern können auch gefährlich sein, wenn man sich allein darauf verlässt.
Gute Ansätze der Alternativmedizin
Dabei ist der Ansatz ja nicht verkehrt. Viele Frauen werden immer wieder von den quälenden Beschwerden einer Blasenentzündung heimgesucht und stellen sich zu Recht die Frage, ob Antibiotika und klassische Schmerzmittel wirklich immer die beste Lösung sind. Die Medikamente sind nicht frei von Nebenwirkungen, können auf den Magen schlagen und bringen bei anhaltender Einnahme das Darmmilieu aus dem Gleichgewicht.
Der berühmte Plazebo-Effekt
Vor diesem Hintergrund ist der Ruf nach schonenden und umfassenden Behandlungsmethoden verständlich und berechtigt. Das Problem bei TCM, Schüssler & Co ist jedoch, dass ihre Wirkung wissenschaftlich nicht belegt ist. Das heißt nicht unbedingt, dass sie nicht wirken. Im Einzelfall mögen sogar erstaunliche Erfolge erzielt werden. Die Frage ist nur, worauf sie wirklich zurückgehen.
Das Faszinierende am sogenannten Plazebo-Effekt ist, dass er offenbar Selbstheilungskräfte in Gang setzt, die die Genesung enorm beschleunigen können. Im direkten Vergleich kommen viele Naturheilverfahren über diesen Plazebo-Effekt jedoch nicht hinaus, das heißt, sie wirken letztlich nicht besser als eine Scheintherapie. Der Effekt beruht einzig und allein auf dem Glauben an die Behandlung.
Natürliche Schulmedizin – kein Widerspruch
Nun ist die klassische Schulmedizin heutzutage keineswegs mehr so engstirnig, wie es manchmal dargestellt wird. Auch sie sieht den übermäßigen Einsatz von Antibiotika zunehmend kritisch. Sie weiß zudem um das enge Zusammenspiel zwischen Körper und Seele und forscht intensiv am menschlichen Immunsystem und seiner Bedeutung für zahlreiche Erkrankungen. Und: Sie ist durchaus offen für alternative Therapieansätze, sofern sie eine nachgewiesene Wirkung haben, die den bloßen Plazebo-Effekt übersteigt.
Was hilft bei Blasenentzündung ohne Rezept?
Bei der Blasenentzündung gibt es tatsächlich eine ganze Auswahl an bewährten Mitteln. So eignen sich beispielsweise spezielle Blasentees sehr gut, um Schmerzen und Krämpfe zu lindern. Zusammen mit dem wärmenden Effekt können sie den Bauchraum entspannen und die entzündete Blase beruhigen. Wie und mit welchen Kräutern ein solcher Tee am besten zubereitet wird, erfahren Sie hier: Tee gegen Blasenentzündung.
Die Natur hat aber noch deutlich mehr zu bieten. Manche Heilpflanzen wirken nachweislich nicht nur schmerzlindernd, sondern auch entzündungshemmend und bakterienausspülend. So werden die Erreger leichter mit dem Urin ausgeschwemmt. Auch das ist Medizin mit nachgewiesener Wirkung. Mehr zu den empfohlenen pflanzlichen Wirkstoffen bei einer akuten Blasenentzündung lesen Sie hier: Pflanzliche Arzneimittel bei Blasenentzündung.
Und schließlich lassen sich Immunsystem und Selbstheilungskräfte auf vielfältigen Wegen aktivieren und stärken. Von der Wärmflasche über Wadenwickel bis hin zu ausreichend Schlaf all das belebt Körper und Seele, weit über den Plazebo-Effekt hinaus.
Quellen
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen. S3-Leitlinie und Anwenderversion der S3-Leitlinie Harnwegsinfektionen. AWMF-Registernr.: 053-001. July 2018. (DEGAM guideline no. 1).
Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU). Interdisziplinäre S3 Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. Update 2017. AWMF-Registernr.: 043-044. April 2017.
Kretschmer, C. Zystitis (2019). Herausgeber: Vidal MMI Germany GmbH. https://www.gelbe-liste.de/krankheiten/zystitis-blasenentzuendung.
Manski, D. Urologielehrbuch (2020).
Schmelz HU, Sparwasser C, Weidner W. Facharztwissen Urologie (2006). Herausgeber: Springer Berlin, Heidelberg . DOI: https://doi.org/10.1007/3-540-32986-2.